Länderspiel: Deutschland gegen Ukraine in Nürnberg

Die Vorfreude ist groß, aber noch läuft nicht alles rund. Beim wahren Härtetest gegen den EM-Teilnehmer Ukraine reichte es für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft vor 42.789 Zuschauern im ausverkauften Max-Morlock-Stadion von Nürnberg trotz zeitweise guter Ansätze lediglich zu einem 0:0.

Kleiner Stimmungsdämpfer für DFB-Team

Den „Flow“ der Länderspiele gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1) konnte die DFB-Auswahl diesmal nicht fortsetzen, dennoch enttäuschte die erneut spielfreudige Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann gegen unangenehme Ukrainer nicht. Tatsächlich kam sie zu zahlreichen Chancen, vor allem Maximilian Beier, der ab der 59. Minute zu seinem Debüt kam, stach heraus: Er traf die Latte (61.) und scheiterte knapp an Torwart Anatolij Trubin (63.).

Beier erwies sich neben den ebenfalls eingewechselten Stuttgarter Offensivkräften Chris Führich und Deniz Undav als belebendes Element in der letzten halben Stunde, in der die deutsche Mannschaft vor 42.789 Zuschauern auf den Sieg drängte. Nach einer Chance von Führich verpasste auch der 21-Jährige erneut den längst verdienten Führungstreffer (beide 79.). Einen Spieler muss Nagelsmann ja noch aus seinem Aufgebot streichen – der Angreifer der TSG Hoffenheim machte deutlich, dass er es nicht sein will.

Bei den Fans herrscht Vorfreude auf die EM

Eines hatten Nagelsmann und die Spieler schon vor dem Spiel erreicht: Bei den Fans herrscht Vorfreude. Auf einem kleinen Banner in der Nordkurve stand: „Ihr+wir=Ein Team für Titel Nr. 4“. Auf einem zweiten, das quer vor der gesamten Gegengerade hing, war eine Textzeile aus einem Song der Sportfreunde Stiller zur WM 2006 zu lesen: „Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein…“.

Entsprechend begeistert war der Empfang durch das Publikum beim Einlaufen, bei dem alle Spieler der Ukraine ihre Nationalflagge über der Schulter trugen. Schnell kamen erste Anfeuerungsrufe – und flott ging es auch los. Mit einem Pascal Groß, der den Boss Toni Kroos auch positionsgetreu vertrat, und Waldemar Anton, der anstelle von Abwehrchef Antonio Rüdiger verteidigte.

Die beiden Champions-League-Sieger Kroos und Rüdiger werden beim letzten Testspiel am Freitagabend (20.45/RTL) in Mönchengladbach gegen die nicht für die EM qualifizierten Griechen wieder zur Verfügung stehen. Beim EM-Probelauf in Nürnberg beorderte Nagelsmann außer den beiden alle neun Spieler in die Startelf, die auch das Eröffnungsspiel des Turniers am 14. Juni gegen Schottland in München bestreiten sollen.

Angetrieben vom gewohnt lautstark und einsatzfreudig coachenden Nagelsmann setzte sich die DFB-Auswahl sogleich in der ukrainischen Spielhälfte fest. Die erste Chance ergab sich nach 15 Minuten, als Ilkay Gündogan nach einer Flanke des umsichtigen und stets anspielbaren Groß frei zum Kopfball kam, das Timing aber nicht stimmte. Der deutsche Kapitän stand höher als zuletzt, ein Ansatz, der ihm entgegenkommt.

Die sehr offensive Herangehensweise eröffnete freilich auch Chancen zu gefährlichen Kontern – und nach einer guten halben Stunde deutscher Dominanz zeigten die Ukrainer, dass sie sich keineswegs nur als Sparringspartner sahen. Und so musste Manuel Neuer, der erstmals seit der WM 2022 und 550 Tagen wieder im deutschen Tor stand, einen Rückstand verhindern: Gegen Roman Jaremtschuk parierte er großartig (38.).

Zumeist aber wirkte die deutsche Mannschaft ohne ihre beiden Säulen schon sehr stabil gegen eine ukrainische Auswahl, die als Nummer 22 der Weltrangliste beileibe keine Laufkundschaft ist. Nur ein Treffer wollte trotz aller Überlegenheit nicht gelingen, auch wenn er bisweilen nur eine Frage der Zeit schien. Unter anderem Groß (29.) und Jamal Musiala (42.) verfehlten aussichtsreich das Tor.

Aus Gründen der Belastungssteuerung nahm Nagelsmann in der Pause Gündogan und Florian Wirtz aus dem Spiel – zu Anton und Maximilian Mittelstädt kamen erneut positionsgetreu zwei weitere Stuttgarter aufs Feld: Undav und Führich. Bald darauf vergab Kai Havertz die nächste Chance zur Führung (53.), auch Undav kam nicht durch. Nagelsmann wechselte weiter, neben Beier kamen auch Thomas Müller und Aleksandar Pavlovic als zweiter Debütant.

Die deutsche Mannschaft in der Einzelkritik

Manuel Neuer: Der Münchner hütete erstmals seit 550 Tagen wieder das deutsche Tor. Bei zwei Schüssen von Jaremtschuk vor der Pause sehr aufmerksam. Nach dem Wechsel gegen Mudryk zur Stelle. – Note: 2

Joshua Kimmich: Er hatte als Rechtsverteidiger gegen den schnellen Mudryk einen schweren Stand. Im Spiel nach vorne ohne große Impulse. – Note: 3,5

Waldemar Anton: Der Stuttgarter ersetzte den noch fehlenden Antonio Rüdiger. Bot eine solide Vorstellung ohne größeren Fehler. – Note: 3

Jonathan Tah: In Abwesenheit von Rüdiger der Abwehrchef. Insgesamt sehr aufmerksam. Verlor vor der ersten Chance von Jaremtschuk den Ball. – Note: 3

Maximilian Mittelstädt: War auf der linken Seite viel unterwegs und hatte den ersten deutschen Abschluss (10.). Seine Flanken fanden nicht immer ihr Ziel. – Note: 3,5

Robert Andrich: Gewohnt kompromisslos in den Zweikämpfen. Schloss Lücken im Mittelfeld. Seine Abschlüsse waren viel zu ungenau. – Note: 3

Pascal Groß: Kam für Toni Kroos zum Zug. Baute wie Kroos das Spiel aus halblinker Position auf. Leitete die Großchance von Gündogan ein, versuchte auch selber aus der Distanz sein Glück. – Note: 2,5

Jamal Musiala: Der Münchner versuchte viel, es gelang ihm nicht immer alles. Verzettelte sich ab und an im dichten Abwehrverbund der Gäste. Nach gut einer Stunde ging er runter. – Note: 3

Ilkay Gündogan: Hätte bei seinem Kopfball aus fünf Metern für die Führung sorgen müssen (15.). Löste immer wieder das Pressing aus. Insgesamt mit Luft nach oben. Nach 45 Minuten war Schluss. – Note: 4

Florian Wirtz: Hatte anfangs einige Standprobleme. Ging aber immer wieder in die Dribblings und sorgte damit für Unruhe in der ukrainischen Defensive. Kam nur selten zum Abschluss. – Note: 3,5

Kai Havertz: Hing als Sturmspitze weitgehend in der Luft. Ließ sich immer wieder fallen, um ins Spiel zu kommen. Das gelang nicht oft. Sein Kopfball war gefährlich (53.). – Note: 4

Chris Führich: Ersetzte nach der Pause Wirtz. Harmonierte links gut mit seinem Stuttgarter Teamkollegen Mittelstädt. – Note: 3

Deniz Undav: Kam in der zweiten Halbzeit für Gündogan. War sofort gut im Spiel und sorgte für Gefahr. – Note: 3

Thomas Müller: Löste Havertz ab. Entscheidende Impulse setzte der Münchner nicht. – Note: 3,5

Maximilian Beier: Kam zu seinem Länderspiel-Debüt. Hätte mit dem ersten Ballkontakt fast die Führung erzielt. Doch sein Schuss klatschte ans Aluminium. Danach scheiterte er an Trubin. War eine echte Belebung. – Note: 2

Robin Koch: Durfte für Tah ran. Ließ hinten nichts anbrennen. – Note: 3

Aleksandar Pavlovic: Gab ebenfalls sein Debüt in der DFB-Auswahl. Kam nur selten in die Angriffszone, aber ohne Fehler. – ohne Note

(Mit Material vom SID)

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