EM 2024: DFB-Team schlägt Schottland zum Auftakt deutlich

Der EM-Traumstart ist geglückt, das DFB-Team hat mit einem Rekord-Spektakel den Weg für ein neues Sommermärchen bereitet. Völlig losgelöst durch die frühen Treffer von Florian Wirtz und Jamal Musiala besiegte die entschlossene Auswahl von Bundestrainer Julian Nagelsmann ein harmloses Schottland 5:1 (3:0) und vermied damit einen Fehlstart wie bei den vergangenen drei großen Turnieren. Das Publikum in der ausverkauften Münchner Arena dankte es mit beinahe überschäumender Begeisterung.

„Die ersten zwanzig Minuten waren schon beeindruckend“, sagte Nagelsmann im ZDF. „Wir haben es bis zum Ende konzentriert durchgespielt, das war schon sehr, sehr gut.“ Auch Musiala jubelte: „Einen besseren Start konnten wir nicht haben“, betonte er bei MagentaTV. „Wir haben die Stimmung gesehen im ganzen Land, und das brauchen wir.“ Die Mannschaft habe „gut starten“ wollen, „das haben wir gemacht. Wir haben einen guten Plan gehabt, wir haben Vertrauen in unseren Trainer und unsere Taktik.“ Er schloss: „Wenn wir gut im Flow sind, läuft das.“ Niclas Füllkrug sprach von einem „überragenden Auftakt“.

Schon nach der Anfangsphase waren alle möglichen Zweifel am schließlich höchsten Auftaktsieg der EM-Geschichte durch „Wusiala“ wie weggeblasen: Wirtz (10.) und Musiala mit einem Treffer zum Genießen (18.) brachten die Mannschaft um den begnadeten Strippenzieher Toni Kroos früh in Führung. Nach einem brutalen Foul im Strafraum an Ilkay Gündogan, für das Ryan Porteous die Rote Karte sah (44.), erhöhte Kai Havertz (45.+1). Der eingewechselte Niclas Füllkrug (68.) leitete den höchsten deutschen Sieg bei einer EM-Endrunde ein – daran änderte auch nichts mehr, dass Antonio Rüdiger ein kurioses Kopfball-Eigentor unterlief (87.). Den Schlusspunkt setzte der nachnominierte und eingewechselte Emre Can (90.+3).

Ein Anfang ist gemacht, die DFB-Fans sind freudig

„Ich finde, sie haben gut vorgelegt“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei MagentaTV schon in der Halbzeitpause: „Und wenn ich mich an das Sommermärchen 2006 erinnere, das hat hat auch in München gut begonnen.“

Befürchtungen, die Schotten könnten der deutschen Mannschaft das Leben schwer machen, erwiesen sich während der gesamten Partie als unbegründet. Tatsächlich waren die „Bravehearts“ limitiert in ihren Mitteln und ein Spielball der hochkonzentrierten Gastgeber. Am Mittwoch (19. Juni) in Stuttgart gegen die Ungarn und vier Tage später (23. Juni) in Frankfurt gegen die Schweiz dürfte es für die DFB-Auswahl schwieriger werden. Aber: Ein Anfang ist gemacht – die Fans sind freudig.

Die beinahe schlagartig spürbare Begeisterung für die EM und die deutsche Mannschaft, die sich zunächst am Freitagnachmittag in den Fan Zonen in München und Berlin breitgemacht hatte, war bereits beim Warmmachen auch im Stadion hörbar: Nagelsmanns Auserwählte empfing trotz noch nicht vollbesetzten Rängen ein erster Sturm der Begeisterung – der aber von den schottischen Anhängern noch deutlich übertroffen wurde.

Bundestrainer Nagelsmann jüngster EM-Trainer

Dann ging er los, der Kampf um den Pokal, den Franz Beckenbauers Witwe Heidi eskortiert von Bernard Dietz und Jürgen Klinsmann auf den Rasen getragen hatte. Bundestrainer Nagelsmann, der mit Spielbeginn einen Rekord als jüngster Trainer bei einer EM aufstellte (36 Jahre, 327 Tage), bekannte, dass „ein bisschen Nervosität“ da sei. Diese sei aber auch nötig „für die letzte Spannung“. Zugleich verbreitete er im ZDF Optimismus: „Unser Plan ist ausreichend gut, dass wir das Spiel gewinnen können.“

Die älteste deutsche Startelf bei einem Turnierauftakt seit der EM 2000 probierte es gleich mit einem einstudierten Spielzug, die Schotten aber ließen sich nicht überrumpeln. Die „Bravehearts“, hatte Nagelsmann erklärt, gäben „viel Räume hinter der Kette preis, da haben wir gute Optionen“. Tatsächlich dauerte es keine zehn Minuten, da war die Lücke gefunden: Kroos passte auf Kimmich, Kimmich auf Wirtz, direkte Abnahme von der Strafraumgrenze, Flachschuss, Innenpfosten, Tor.

Torschütze Wirtz bricht Bayern-Serie

Wirtz wurde zum jüngsten deutschen Torschützen bei einer EM-Endrunde (21 Jahre, 42 Tage), keine acht Minuten später folgte ein Auftritt zum Zungeschnalzen: Musiala tanzte Callum McGregor aus und jagte den Ball ins Tordreieck. „Oh, wie ist das schön“, dröhnte es durch die Arena. Danach ging die deutsche Mannschaft in eine Art Verwaltungsmodus über, allerdings ohne nachlässig zu werden. Sie wartete geduldig auf weitere Chancen und schaltete sofort einen Gang hoch, wenn sich diese ergaben.

Kurz vor der Pause ergab sich eine dieser Gelegenheiten – Schottlands zentraler Verteidiger Porteous aber ging im Strafraum derart gnadenlos zu Werke, dass es zunächst schien, als würde der schwer getroffene Gündogan nicht mehr aufstehen. Schiedsrichter Clement Turpin blieb die Ruhe selbst, ging zum Spielfeldrand, schaute sich alles noch mal genau an, und er traf die folgerichtigen Entscheidungen: Elfmeter für Deutschland, Rot für den Abräumer.

Das machte die Aufgabe für die DFB-Elf noch leichter. Sie erspielte sich weitere Chancen, kontrollierte ansonsten das Spiel nach Belieben. Der Vortrag war so seriös, dass Torhüter Manuel Neuer bis zum 4:1 kein einziges Mal zu einem konsequenten Eingreifen genötigt wurde. Nagelsmann konnte sogar genau jenen Spielern frühzeitig Praxis verschaffen, die knapp hinten dran stehen: Pascal Groß, Leroy Sane, Füllkrug und Thomas Müller. Und das Publikum sang: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“

Statistik

Deutschland – Schottland 5:1 (3:0).

Deutschland: Neuer/Bayern München (38 Jahre/120 Länderspiele) – Kimmich/Bayern München (29/87), Rüdiger/Real Madrid (31/70), Tah/Bayer Leverkusen (28/26), Mittelstädt/VfB Stuttgart (27/5) – Andrich/Bayer Leverkusen (29/6) ab 46. Groß/Brighton & Hove Albion (32/8), Kroos/Real Madrid (34/110) ab 80. Can/Borussia Dortmund (30/44) – Musiala/Bayern München (21/30) ab 74. Müller/Bayern München (34/130), Gündogan/FC Barcelona (33/78), Wirtz/Bayer Leverkusen (21/19) ab 63. Sane/Bayern München (28/61) – Havertz/FC Arsenal (25/47) ab 63. Füllkrug/Borussia Dortmund (31/17). – Trainer: Nagelsmann.

Schottland: Gunn/Norwich City (28/11) – Hendry/Al-Ettifaq (29/32), Porteous/FC Watford (25/12), Tierney/Real Sociedad (27/46) ab 77. McKenna/FC Kopenhagen (27/35) – Ralston/Celtic Glasgow (25/10), McGregor/Celtic Glasgow (31/61) ab 67. Gilmour/Brighton & Hove Albion (23/28), McTominay/Manchester United (27/50), Robertson/FC Liverpool (30/72) – McGinn/Aston Villa (29/67) ab 67. McLean/Norwich City (32/39), Adams/FC Southampton (27/31) ab 46. Hanley/Norwich City (32/51), Christie/AFC Bournemouth (29/50) ab. 82. Shankland/Heart of Midlothian (28/12). – Trainer: Clarke.

Tore: 1:0 Wirtz (10.), 2:0 Musiala (19.), 3:0 Havertz (45.+1, Foulelfmeter nach Videobeweis), 4:0 Füllkrug (68.), 4:1 Rüdiger (87., Eigentor), 5:1 Can (90.+3).

Schiedsrichter: Clement Turpin (Frankreich).

Rote Karte: Porteous (Schottland) wegen groben Foulspiels (44. nach Videobeweis).

Zuschauer: 66.000 (ausverkauft) in München.

Die deutsche Mannschaft in der Einzelkritik

Manuel Neuer: Stand nach seinen jüngsten Patzern besonders im Fokus. Wurde von offensivschwachen Schotten aber überhaupt nicht geprüft, war dann beim Gegentor machtlos. Note: 3.

Joshua Kimmich: Zu Beginn mit einem leichten Wackler auf der rechten Abwehrseite. Bereitete die Führung durch Wirtz vor. Eine solide Leistung. Note: 2,5.

Antonio Rüdiger: Von Beginn an der deutsche Abwehrchef. Klärte einige Situationen resolut. Auch im Spielaufbau mit starken Aktionen, sorgte aus der Distanz auch für Torgefahr. Köpfte kurz vor Schluss unglücklich ins eigene Tor. Note: 2,5.

Jonathan Tah: Insgesamt wenig gefordert. Harmonierte aber gut mit Nebenmann Rüdiger. Holte sich eine unnötige Gelbe Karte ab. Note: 3.

Maximilian Mittelstädt: Als Linksverteidiger derzeit gesetzt. Offensiv mit wenig Aktionen, ließ hinten nichts anbrennen. Note: 3.

Robert Andrich: Räumte neben Kroos im Mittelfeld auf. Sah nach einer Grätsche aber die erste Gelbe Karte des Turniers. Auch deshalb nahm in Nagelsmann in der Pause raus. Note: 3.

Toni Kroos: Gab dem deutschen Spiel Struktur. Hatte Standprobleme, rutschte bei vielen langen Bällen weg. Sie kamen dennoch an. Seine 55 Pässe in der ersten Hälfte fanden alle ihren Mitspieler. Note: 2.

Jamal Musiala: Der Münchner wirbelte in seiner Arena, traf sehenswert zum 2:0. Wechselte immer wieder die Position und kombinierte stark mit Wirtz und Gündogan. Note: 1,5.

Ilkay Gündogan: Der Kapitän ordnete das Spiel zwischen den Zauberfüßen Wirtz und Musiala. Leitete den zweiten Treffer ein, holte den Elfmeter raus. Hatte Glück, dass er nach dem üblen Foul von Ryan Porteous weitermachen konnte. Note: 1,5.

Florian Wirtz: Sein Führungstreffer war der Brustlöser. Auch in der Folge zeigte der Leverkusener viel Spielfreude und war von den Schotten nur schwer zu stoppen. Verpasste sein zweites Tor knapp (58.). Note: 1,5.

Kai Havertz: War von Beginn an ins deutsche Kombinationsspiel eingebunden. Legte Musiala das zweite Tor auf, verwandelte den Elfmeter souverän. Note: 2.

Pascal Groß: Ersetzte in der zweiten Halbzeit Andrich. Erfüllte seine Aufgabe. Note: 3.

Niclas Füllkrug: Löste nach einer guten Stunde Havertz ab – und traf sehenswert in den Winkel. Es war sein zwölftes Tor im 17. Länderspiel. Ohne Note.

Leroy Sané: Kam für Wirtz. Hatte sofort eine Chance. Der Münchner ist eine echte Alternative. Ohne Note.

Thomas Müller: Zog nach seiner Einwechslung für Musiala mit seinem 130. Länderspiel mit Lukas Podolski gleich. Ohne Note.

Emre Can: Der Nachnominierte durfte in der Schlussphase noch ein bisschen Spielpraxis sammeln – und traf in der Nachspielzeit. Ohne Note.

(Mit Material vom SID)

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