EM 2025: Deutschland steht dank Berger im Halbfinale

Trotz Rot und Verletzungspech: Die früh dezimierten DFB-Frauen lieferte gegen Frankreich im Viertelfinale einen großen Kampf mit einem unglaublichen Happy End. Dank Torhüterin Ann-Katrin Berger stehen sie im Halbfinale!

Nach Elfer-Drama: Der deutsche EM-Traum lebt

Christian Wück umarmte seine Elfmeter-Killerin Ann-Katrin Berger und wollte sie gar nicht mehr loslassen. Die deutschen Fußballerinnen haben ihren Titeltraum bei der EM mit einer riesigen Willensleistung und dank Torhüterin Berger am Leben erhalten. Die früh dezimierte Auswahl von Bundestrainer Wück bezwang Lieblingsturniergegner Frankreich trotz 105-minütiger Unterzahl im Viertelfinale von Basel mit 6:5 im Elfmeterschießen und fordert nun Weltmeister Spanien. Nach 120 Minuten hatte es 1:1 (1:1, 1:1) gestanden.

Die überragende Torfrau Berger parierte im Shootout zwei Elfmeter und traf selbst. Im Halbfinale gegen den Topfavoriten am Mittwoch (21.00 Uhr) in Zürich ist der Rekordeuropameister, für den Sjoeke Nüsken den entscheidenden Versuch vom Punkt verwandelte, trotz aller Leidenschaft aber Außenseiter.

„Geisteskrank!“, sagte Janina Minge nach Schlusspfiff am ZDF-Mikrofon: „Man hat über weite Strecken nicht gemerkt, dass wir eine weniger waren. Ich bin unglaublich stolz. Wir waren uns sicher, dass wir im Elfmeterschießen gewinnen. Mega!“

Nach der Roten Karte gegen Kathrin Hendrich (14.), die ihre Gegenspielerin am Zopf festgehalten hatte, schien es ein Himmelfahrtskommando für Wücks neu formierte Mannschaft. Zumal Grace Geyoro (15.) den fälligen Elfmeter versenkte.

Nüsken (25.), die gegen Spanien gelbgesperrt fehlen wird, glich aber aus – und verschoss einen Foulelfmeter (69.). Doch vom Punkt sicherten sich Wücks Kämpferinnen im sechsten Versuch den nicht mehr für möglich gehaltenen sechsten Sieg gegen Les Bleues bei einem großen Turnier.

10.000 deutsche Fans hatten im St. Jakob-Park alles bereitet für die Rückkehr in die Erfolgsspur nach dem bösen Nackenschlag im Gruppenfinale gegen Schweden (1:4). Bernd Neuendorf fand bei seinem Besuch in der Kabine vor dem 50. deutschen EM-Spiel eine entschlossene Mannschaft vor. „Sie verspüren eine große Lust und Freude. Jede weiß, worum es geht“, sagte der DFB-Präsident. Auch Wück strahlte Zuversicht aus, als er lächelnd ins Stadion schlenderte.

Wie schaffte Bundestrainer Wück das Wunder?

Sein Plan? Seiner Elf mit der Umstellung auf eine Dreierkette „Stabilität“ verleihen. Und: Mit der Leipzigerin Giovanna Hoffmann, die der erfahreneren Lea Schüller vorgezogen wurde, eine Mittelstürmerin bringen, „die Bälle festmachen muss“. All das funktionierte.

Die verletzte Kapitänin Giulia Gwinn machte ihre Kolleginnen im Kabinengang nochmal heiß, Wück hoffte, „dass sie ihre Nerven im Griff behalten“. Das galt vor allem für die junge EM-Debütantin Franziska Kett in ihrem vierten Länderspiel, aber auch für Sarai Linder. Die Wolfsburgerin musste nach der Verletzung von Gwinn und wegen der Rotsperre von Carlotta Wamser rechts hinten ran – und verletzte sich früh am linken Fuß.

Mit dem Ausfall der schon dritten Rechtsverteidigerin und dem Platzverweis waren Wücks Pläne Makulatur. Ausgerechnet die erfahrene Hendrich leistete sich in ihrem ersten Startelf-Einsatz bei dieser EM einen Blackout und griff Frankreichs Kapitänin Griedge Mbock ins Haar. Beim zentral geschossenen Elfmeter hatte Berger die Hand am Ball, konnte diesen aber nicht abwehren.

Für Linder kam Sophia Kleinherne zu ihrem ersten Turniereinsatz in einem dezimierten Team, das sich nicht aufgab. Nüsken war bei einer von Hoffmann herausgeholten Ecke per Kopf zur Stelle – Ausgleich! Ein Hackentreffer von Delphine Cascarino (40.) zählte wegen einer Abseitsstellung nicht.

Ersatzkapitänin Janina Minge und Co. hielten weiter mit viel Einsatzfreude dagegen, die gegen Schweden in Unterzahl vermisste Kompaktheit war da. So gelang es, den Französinnen ihre gefährlichste Waffe zu nehmen: ihre unfassbare Geschwindigkeit.

Auch einem zweiten Geyoro-Treffer (57.) wurde die Anerkennung versagt, weil die im Abseits stehende Maëlle Lakrar Torfrau Berger behindert hatte. Nach einem Foul an Jule Brand scheiterte Nüsken mit ihrem schwach geschossenen Elfer an Frankreichs Keeperin Pauline Peyraud-Magnin. In der Verlängerung verhinderte Berger (103.) nach einem Kopfball von Minge per Glanzparade das 1:2.

Szenen eines Spiels voller Dramatik

Das EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Frankreich (6:5 i.E.) ist eine „packende Partie mit vielen unvorhersehbaren Momenten“, wie der englische Guardian schreibt.

Ein Überblick über die entscheidenden Szenen eines Spiels voller Dramatik:

Rot für Hendrich (14.)

Kathrin Hendrich zieht bei einem Freistoß für die Französinnen deren Kapitänin Griedge Mbock am Haarzopf – im Strafraum! Rot für Hendrich und Elfmeter. Grace Geyero verwandelt (15.). Deutschland spielt am Ende 105 Minuten lang in Unterzahl und zeigt laut Bundestrainer Christian Wück eine „unfassbare Leistung“.

Linder muss raus (20.)

Sarai Linder, die nach einem Zweikampf mit Sakina Karchaoui, an dem auch Jule Brand unglücklich beteiligt war (5.), mit bandagierten Fuß zunächst noch weitergespielt hat, muss vom Feld. Nach Giulia Gwinn (Knieverletzung) und Carlotta Wamser (Rot gegen Schweden) kommt damit als bereits vierte Rechtsverteidigerin Sophie Kleinherne kommt zu ihrem ersten EM-Einsatz.

Nüsken gleicht aus (25.)

Eckball von links, am kurzen Pfosten verlängert Sjoeke Nüsken die Hereingabe von Klara Bühl mit dem Kopf ins Tor. Wück betont: „Das war einstudiert.“

Zwei Treffer zählen nicht (40., 57.)

Zwei weitere Male liegt der Ball im deutschen Netz, beide Male zählt der Treffer nicht. Erst steht Delphine Cascarino im Abseits, dann wird der zweite Treffer von Geyero aberkannt, weil Maëlle Lakrar spielentscheidend im Abseits stand und Torhüterin Ann-Katrin Berger irritierte.

Nüsken vergibt Strafstoß (69.)

Jule Brand wird im Strafraum zu Fall gebracht. Nüsken schießt den Elfer mit rechts flach ins linke Eck, aber zu unplatziert, Torhüterin Pauline Peyraud-Magnin pariert.

Bergers Mega-Save (103.)

Was für eine Parade! Janina Minge lenkt einen Freistoß mit dem Kopf unglücklich aufs eigene Tor – doch Berger wehrt den Ball im Rückwärts-Flug noch vor der Linie ab. „Eine der besten Paraden bei einer Europameisterschaft aller Zeiten“, staunt der Guardian, ein „Mega-Save“, schreibt der Schweizer Blick.

Berger trifft und hält (120.+)

Im Elfmeterschießen wird Berger endgültig zur Frau des Spiels. Den ersten Elfer der Französinnen durch Amel Majri wehrt sie ab, nach dem Lattentreffer von Sara Däbritz beim vierten deutschen Schuss trifft sie selbst zum 4:3. Kurz darauf wehrt Berger den siebten Elfmeter der Französinnen von Alice Sombath ab – indem sie zum sechsten Mal in ihre linke Ecke springt. „Anne ist überragend, wir können uns auf sie verlassen“, sagt Ersatzkapitänin Minge.

Statistik

Frauen-EM 2025, Viertelfinale
Frankreich – Deutschland zur 1:1 (1:1,1:1) n.V., 5:6 i.E

Frankreich: Peyraud-Magnin – De Almeida (112. N’Dongala), Mbock (85. Sombath), Lakrar, Bacha – Geyoro (112. Majri), Jean-Francois, Karchaoui – Cascarino (76. Malard), Katoto (76. Mateo), Diani (67. Baltimore). – Trainer: Bonadei.

Deutschland: Berger – Linder (20. Kleinherne), Hendrich, Minge, Knaak, Kett (114. Cerci) – Brand (120. Dallmann), Senß (120. Däbritz), Nüsken, Bühl – Hoffmann (98. Schüller). – Trainer: Wück.

Tore: 1:0 Geyoro (15., Foulelfmeter nach Videobeweis), 1:1 Nüsken (25.).

Rote Karte: Hendrich (Deutschland) nach einer Tätlichkeit (13., nach Videobeweis).

Besonderes Vorkommnis: Peyraud-Magin (Frankreich) hält Foulelfmeter von Nüsken (69.).

Elfmeterschießen: 0:1 Minge, Berger hält gegen Majri, 0:2 Dallmann, 1:2 Karchaoui, 1:3 Knaak, 2:3 Malard, Däbritz schießt Elfmeter an die Latte, 3:3 Baltimore, 3:4 Berger, 4:4 Jean-Francois, 4:5 Bühl, 5:5 N’Dongala, 5:6 Nüsken, Berger hält gegen Sombath.

Zuschauer: 34.128 (ausverkauft) in Basel.

(Mit Material vom SID)

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