EM 2024: DFB-Team besiegt Dänemark und steht im Viertelfinale

Bundestrainer Julian Nagelsmann stieß nach dem Dortmunder Donnerwetter „völlig losgelöst“ einen Jubelschrei aus, die ausgelassenen Fans feierten die nächste riesige Party in Schwarz-Rot-Gold. Doch wer Torschütze Kai Havertz und Abwehrchef Antonio Rüdiger nach dem 2:0 (0:0) gegen Dänemark ausgelaugt auf den Boden sinken sah, der wusste: Es war ein großer Kampf des DFB-Teams. Gegen widrige Umstände, vor allem aber gegen einen äußerst zähen Gegner.

Denkwürdiger Abend in Dortmund

Am Ende konnte aber auch eine 25-minütige Gewitter-Unterbrechung nicht verhindern, dass Deutschland erstmals seit 2016 in das Viertelfinale eines großen Turniers einzog Nächster Gegner auf dem Weg zum Sehnsuchtsort Berlin ist am Freitag in Stuttgart Topfavorit Spanien oder das Sensationsteam aus Georgien.

„Es fühlt sich sehr gut an. Wir waren von Anfang an dominant“, sagte Rüdiger bei MagentaTV: „Diese Mannschaft zeigt einen guten Charakter, sie kann immer wieder zurückkommen, immer wieder Gas geben. Wir haben noch drei Endspiele.“

Im BVB-Stadion, wo beim Sommermärchen-Original 2006 noch im Halbfinale gegen Italien Schluss war, erlebte Bundeskanzler Olaf Scholz inmitten der 62.000 Zuschauer einen denkwürdigen Abend. In der 35. Spielminute blickten alle bang in den schwarzen Nachthimmel, dann auf Schiedsrichter Michael Oliver. Dass der Engländer die „Wasserspiele“ unterbrach, sagte dessen Kollege Patrick Ittrich bei MagentaTV, war unvermeidlich: „An erster Stelle steht der Schutz der Spieler und Zuschauer.“

Der war bald wieder gewährleistet, doch dann überschlugen sich erst recht die Ereignisse. Ein Tor des Dänen Joachim Andersen (48.) wurde unter riesigem Jubel wegen Abseits zurückgenommen, dann schlug das neue Ball-EKG bei einem Handspiel von Andersen an: Elfmeter! Havertz verwandelte in seinem 50. Länderspiel (53.) zur Führung, Zauberfuß Jamal Musiala machte mit seinem dritten Turniertor (68.) alles klar. „Wir fahren nach Berlin!“, riefen die Fans selig.

20.000 deutsche Anhänger färbten die Straßen bei ihrem Fanmarsch zum Stadion noch im strahlenden Sonnenschein schwarz-rot-gold, 7.000 Dänen hielten mit Rot und Weiß dagegen. Und einige mit Übermut: „Schade, Deutschland, alles ist vorbei!“, skandierten sie, wie 1992 nach dem sensationellen Final-Triumph gegen den damaligen Weltmeister.

Bundestrainer Nagelsmann baute seine Startelf um

Auch diesmal war die DFB-Elf klar favorisiert, doch Nagelsmann musste seine dreimal unverändert aufgebotene Turnierformation umbauen: Abwehrchef Antonio Rüdiger lief nach seiner Zerrung zwar mit einem Tape am Oberschenkel auf, sein Nebenmann Jonathan Tah aber fehlte gelbgesperrt. Für ihn kam BVB-Verteidiger Nico Schlotterbeck.

Doch Nagelsmann beließ es nicht bei dieser Änderung: David Raum durfte links hinten für Maximilian Mittelstädt ran, vorne ersetzte Leroy Sane den zuletzt etwas abgefallenen Florian Wirtz. Der Münchner, betonte Nagelsmann, sollte „mehr Tiefe“ ins Spiel bringen – also in den Rücken der Abwehr vorstoßen. Das gelang jedoch nur selten.

Es war Schlotterbeck, der die Dänen als Erster übertölpelte. Weil Joshua Kimmich Andreas Skov Olsen regelwidrig geblockt hatte, zählte auch der Kopfballtreffer des Dortmunders nicht (4.). Die deutsche Elf startete stark, Dänemarks Torwart Kasper Schmeichel rückte immer mehr in den Blickpunkt. Er rettete gegen Kimmich, Schlotterbeck und Havertz.

Mix aus Diagonalbällen und Kurzpassspiel

Dänemark kam nicht nicht ins Pressing, weil sich Havertz und Co. mit ihren Positionswechseln entzogen. Auch der Mix aus langen Diagonalbällen und schnellem Kurzpassspiel stimmte. Aber nur ein langer Ball genügte, um die deutsche Abwehr auszuhebeln: Rüdiger rettete gegen den dänischen Regisseur Christian Eriksen (21.), der seine Magenprobleme überwunden hatte. Über dem Stadion blitzte es, auf dem Rasen braute sich was zusammen. Missverständnisse schlichen sich ein. Spielmacher Toni Kroos forderte energisch zum Anbieten auf, es begann zu regnen. Bald ergoss sich ein Wolkenbruch – Unterbrechung.

Nach der Rückkehr aus den Kabinen startete Deutschland wieder besser, Havertz scheiterte an Schmeichel (37.). Dann lud Schlotterbeck leichtsinnig Rasmus Höjlund ein – Außennetz (42.). Sekunden vor der Halbzeitpause musste Manuel Neuer, mit 19 Einsätzen neuer deutscher EM-Rekordspieler, gegen den Stürmer retten. Ein wildes Spiel.

Erst recht in Hälfte zwei. Havertz vergab das mögliche 2:0, die deutsche Defensive blieb anfällig. Dann fand Schlotterbecks langer Ball Musiala, der eiskalt die Vorentscheidung besorgte. In der Schlussphase wechselte Nagelsmann durch, auch die bislang nicht eingesetzten Benjamin Henrichs und Waldemar Anton durften ran. Der Rest war Jubel.

Die deutsche Mannschaft in der Einzelkritik

Manuel Neuer: Lange nicht geprüft, dann überragend im dänischen Konter gegen Rasmus Höjlund. Ohne Fehl und Tadel – auch beim zweiten Versuch Höjlunds (67.). – Note: 2

Joshua Kimmich: Schoss Kasper Schmeichel aus der Ferne früh die Faust heiß. Das war es aber auch mit dem Vorwärtsdrang: Rechts weniger offensiv als Raum links. Sein Block im Strafraum führte zur Rücknahme des vermeintlichen Führungstreffers. – Note: 3

Antonio Rüdiger: Von Oberschenkelproblemen war beim Abwehrchef nichts zu sehen. Starke lange Spieleröffnungen, hart im Zweikampf, wichtige Grätsche gegen Eriksen (22.). Allerdings zweimal bei dänischen Gegenstößen überrumpelt. – Note: 2,5

Nico Schlotterbeck: Ersatz für den gelbgesperrten Jonathan Tah. Sein frühes Kopfballtor wurde zurückgepfiffen, hatte sofort eine weitere Großchance. Allerdings hätte sein schlimmer Fehler beinahe zum 0:1 geführt (42.). Traumpass auf Musiala vor dem zweiten Tor. – Note: 2

David Raum: Seine Maßflanke auf Niclas Füllkrug gegen die Schweiz brachte Raum in die Startelf. Vorne mit viel Motivation und Energie, defensiv kaum gefordert. Flankte Joachim Andersen vor der deutschen Führung entscheidend an die Hand. – Note: 2,5

Robert Andrich: Mehrere Fehlpässe, verlor in der ersten Halbzeit mehr Zweikämpfe, als er gewann. Vor dem 0:1, das aberkannt wurde, im Verbund mit Havertz nicht konsequent genug. – Note: 3,5

Toni Kroos: Organisator des deutschen Aufbaus, der nach starkem Beginn stockte. Dennoch stets der Chef auf dem Platz, seine Eckbälle waren gefährlich. – Note: 2,5

Leroy Sane: Muss sich im Training empfohlen haben – denn nach seinen Einwechslungen war er im Turnier schwach geblieben. Ersetzte den überspielt wirkenden Florian Wirtz. Schnell, aber wenig glücklich. In dieser Form keine Verstärkung. – Note: 4

Ilkay Gündogan: Seine Aufgabe ist es, die anderen glänzen zu lassen. Dies gelang trotz ordentlichen Ballvortrags zu selten. Dennoch solide, nach 65 Minute ausgewechselt. Überließ Havertz den Elfmeterschuss. Note: 3

Jamal Musiala: Im anfänglichen Wirbel und auch danach wenig eingebunden. Seine Dribblings misslangen meist und brachten wenig für das deutsche Spiel. Dann jedoch super beim 2:0, seinem dritten Turniertor, das ihm Torhüter Schmeichel mit einem Zögern ermöglichte. – Note: 3

Kai Havertz: Einiges hatte für Füllkrug gesprochen, aber Havertz blieb in der Startelf. Sehr gut im Spiel, die riesige Kopfballchance unmittelbar nach der Unterbrechung hätte bereits drin sein müssen (38.). Defensiv beim vermeintlichen 0:1 im Glück, eiskalt beim Elfmeter zum 1:0. Und eine PlayStation-Ballannahme für jeden EM-Rückblick. – Note: 2

Emre Can: Ersetzte zur 65. Minute Andrich. Stabil. – ohne Note

Niclas Füllkrug: Der Super-Joker bekam wieder seine 25 Minuten in der Spitze, diesmal, als eigentlich Konter gefragt waren. Havertz rückte dafür eine Position nach hinten. – ohne Note

Florian Wirtz: Kam in der 81. Minute für Musiala. Sein Tor in der Nachspielzeit zählte nicht. – ohne Note

Benjamin Henrichs: Ersetzte Raum in der 81. Minute. Sein erster EM-Einsatz. – ohne Note

Waldemar Anton: Auch der Stuttgarter und baldige Dortmunder gab seine EM-Premiere. Kam in der 88. Minute für Sane. – ohne Note

(Mit Material vom SID)

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