Die Bundesrepublik Deutschland gewann die WM 1974 in Deutschland mit einem 2:1-Sieg über die Niederlande im Finale von München und wurde damit zum zweiten Mal, nach 1954, Fußballweltmeister.
Freudestrahlend stemmten die Helden um Franz Beckenbauer und Gerd Müller an jenem 7. Juli 1974 den goldenen WM-Pokal in den bedeckten Münchner Himmel über dem Olympiastadion. Die Euphorie nach dem zweiten WM-Titel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft war riesig – aber nur auf den ersten Blick. Die schöne Fassade der WM 1974 hatte schon vor dem legendären 2:1-Erfolg im Finale gegen die Niederlande erhebliche Risse. Nach dem Triumph kam es gar zum Skandal, zum offenen Bruch der gefeierten Stars mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB).
50 Jahre später sind die Idole von einst erneut wütend auf den Verband. Der hatte sie zwar im März zum Länderspiel gegen die Niederlande eingeladen, aber aus Sicht von Sepp Maier, Uli Hoeneß und Co. viel zu spät. Deshalb richtet die Mannschaft von 1974 zum goldenen Jubiläum nun am Wochenende in der Nähe von München ein privates Fest aus, ausdrücklich ohne DFB-Funktionäre.
Es ist die Fortsetzung einer unschönen Geschichte, die nach dem Endspiel 1974 eskaliert war. Beim Bankett im Münchner Hilton-Hotel waren die Frauen und Freundinnen der Spieler nicht eingeladen gewesen, „aber die Frauen der Funktionäre durften dabei sein. Das waren undenkbare Zustände“, erzählte Hoeneß in der BR-Doku „Heimspiel 74“.
Vor lauter Wut verließ das Team die Feier. „Die Mannschaft zerstreute sich in verschiedene Discos und Bars. Das war so traurig“, sagte „Katsche“ Schwarzenbeck im Rückblick. Frustriert traten Siegtorschütze Müller, Wolfgang Overath, Jürgen Grabowski und Paul Breitner noch in der Nacht zurück.
Doch es war nicht das einzige Problem für das DFB-Team bei der ersten Heim-Weltmeisterschaft. Man habe, so Maier, „mit vielen Schwierigkeiten kämpfen müssen“. Hoeneß berichtete von einer „negativen Grundstimmung“.
Die abgelegene Sportschule Malente in Schleswig-Holstein, wo das Team von Trainer Helmut Schön sein WM-Quartier bezogen hatte, trug nicht gerade zur Erheiterung der 22 Auserwählten bei. Breitner: „Es war eine Atmosphäre wie in einer Kaserne. Die Zimmer hatten maximal sechs Quadratmeter.“ Man werde „wahnsinnig“, sagte Beckenbauer schon damals. Es kam zum berüchtigten Lagerkoller.
Schon vor dem ersten Turnierspiel gegen Chile (1:0) war der Frust groß. Ein heftiger Streit um die Titelprämie sorgte für reichlich Aufregung. „Wir dachten, der DFB will uns verarschen“, meinte Breitner: „Die verdienten selber Millionen und wollten uns mit 20.000 oder 30.000 Mark abspeisen.“ Laut Hoeneß kam es „zum Knall. Es gab einen Moment in dieser Nacht, wo Paul schon die Koffer gepackt hat.“ Nach zähem Ringen einigte man sich auf 70.000 Mark.
Auch auf dem Platz rumpelte es gewaltig. Nach dem Auftaktsieg gab es trotz eines 3:0 gegen Australien Pfiffe. Nach dem sensationellen 0:1 gegen die DDR war die Stimmung endgültig am Boden. Ohne den Bundestrainer initiierte der „wilde Kaiser“ eine interne Aussprache. „An Schlaf dachte niemand, und ich putzte jeden runter, der mir vor die Augen kam“, beschrieb der im Januar verstorbene Beckenbauer die Stunden nach der Pleite.
Es half. Mit Siegen gegen Jugoslawien (2:0), Schweden (4:2) und bei der legendären „Wasserschlacht von Frankfurt“ gegen Polen (1:0) zog der Gastgeber ins Finale von München ein. Breitner und Müller trafen gegen die Favoriten um Superstar Johan Cruyff. Der Rest ist Geschichte – wenn auch eine mit vielen Rissen.
(Mit Material vom SID)