Vergabe der Frauen-EM 2029: Europa kommt nach Deutschland

Nia Künzer und Alexandra Popp fielen sich jubelnd in die Arme, Bernd Neuendorf hielt stolz den EM-Wimpel in die Kameras. Riesige Freude, aber auch große Erleichterung machten sich im DFB-Lager breit, als die Vergabe für das nächste Fußballfest in Deutschland perfekt war – diesmal bei den Frauen. Für seine Bewerbung um die Endrunde der EM 2029 erhielt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Nyon durch das Exekutivkomitee der UEFA die meisten Stimmen.

Vergabe der EM 2026 an Deutschland

„Wir sind stolz und glücklich“, sagte Neuendorf: „Die Ausrichtung eines derart wichtigen Turniers ist eine Ehre. Wir freuen uns darauf, im Sommer 2029 ein großes Fest des Frauenfußballs zu feiern.“ Der DFB-Chef stellte „ein großes Turnier“ in Aussicht, Vizepräsidentin Heike Ullrich versprach gar, „den Frauenfußball weltweit wirklich auf ein neues Level“ bringen zu wollen. „Wahnsinn! Ein Traum wird wahr“, jubelte sie.

Zum dritten Mal nach 1989 und 2001 wird der EM-Ball in Deutschland rollen. Der DFB erhielt im ersten Wahlgang 15 Stimmen und setzte sich gegen die Bewerbungen aus Polen (0 Stimmen) sowie Schweden und Dänemark (2) durch.

In Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Köln, Leipzig, München und Wolfsburg soll in weniger als vier Jahren gespielt werden. Die Arenen haben weitaus größere Kapazitäten als die meisten Stadien der WM 2011 in Deutschland. Kern der DFB-Bewerbung war das Thema Vision, das im Slogan „Together WE Rise“ zum Ausdruck kommt.

„Ich glaube, dass wir eine richtig starke Bewerbung abgegeben haben. Alle gemeinsam möchten wir 2029 einen bedeutenden Meilenstein bei der Entwicklung des Frauenfußballs erreichen“, sagte Neuendorf: „Jeder hat bei der Männer-EURO im letzten Jahr gesehen, dass wir solche Turniere perfekt organisieren können“

Ausgang der Bewerbung bis zum Schluss offen

Monatelang hatte der DFB bei den Entscheidern um Stimmen geworben, nachdem der Verband womöglich auch aufgrund seines Auftretens rund um die Männer-WM 2022 in Katar mit der Bewerbung um die WM 2027 gescheitert war (gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien). Unmittelbar vor dem Votum der 18 stimmberechtigten Exko-Mitglieder rührten die DFB-Verantwortlichen bei der „finalen Präsentation“ nochmal die Werbetrommel. DFB-Vize und Exko-Mitglied Hans-Joachim Watzke durfte nicht abstimmen.

Neben Neuendorf und Watzke gehörten auch Ullrich, die frühere DFB-Kapitänin Popp, Sportdirektorin Künzer, Andreas Rettig oder Rudi Völler zur hochkarätigen deutschen Delegation. Auch Bundestrainer Christian Wück, Kapitänin Giulia Gwinn und Torhüterin Ann-Katrin Berger reisten nach der Finalpleite in der Nations League gegen Spanien in Madrid nach Nyon. Die einstigen Mitbewerber Italien und Portugal hatten zwischenzeitlich zwar zurückgezogen, der Ausgang erschien dennoch völlig offen.

DFB lockte mit finanziellen Anreizen

Neuendorf lockte mit finanziellen Anreizen. „Wir sind absolut überzeugt, dass das Turnier in Deutschland mehr als eine Millionen Fans anziehen und die UEFA erstmals mit einer Frauen-Europameisterschaft einen finanziellen Gewinn erzielen wird“, sagte der DFB-Boss: „Es wäre ein wichtiger Schritt für den Frauenfußball, wenn dieses Turnier nicht mehr subventioniert werden müsste, sondern aus sich heraus Gewinn abwerfen würde.“

Schließlich war die Endrunde im vergangenen Sommer in der Schweiz zwar atmosphärisch ein voller Erfolg, am Ende musste die UEFA dennoch draufzahlen. Ein Minus in zweistelliger Millionenhöhe stand zu Buche. Damit das in Deutschland anders wird, schickte der DFB große Stadien ins Rennen.

„Ein Zuschlag würde für den Frauenfußball sehr viel bedeuten“, hatte Wück vor der Vergabe betont. Die Verantwortlichen erhoffen sich einen Schub. Die nächste Stufe soll am 10. Dezember mit der Gründung der „Frauen-DFL“ gezündet werden: 100 Millionen Euro will der DFB in die Professionalisierung der Bundesliga investieren.

Dass die EM 2029 in Zukunft nicht das einzige Fußballturnier in Deutschland bleiben könnte, deutete Neuendorf bereits im Vorfeld an. Demnach erwägt der DFB eine Bewerbung um die Männer-WM 2038 oder 2042. Dies, sagte der Chef des größten Einzelsportverbandes der Welt, könne er sich „grundsätzlich vorstellen“.

Stimmen zur Vergabe der Frauen-EM 2029

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erhofft sich durch den Zuschlag für die EM der Frauen 2029 auch ein höheres Tempo bei der Professionalisierung der Bundesliga. „Das wird uns auf allen Ebenen helfen, die Dinge nochmal mit mehr Wucht anzuschieben. Wir wissen von allen Sportarten, wie wichtig ein Leuchtturm wie ein Heimturnier ist“, sagte DFB-Sportdirektorin Nia Künzer. Die EURO werde „in vielen Bereichen zusätzlichen Schub geben“.

Reaktionen der Spielerinnen zur EM 2029

Giulia Gwinn (Kapitänin der Frauen-Nationalmannschaft): „Es ist einfach sehr, sehr schön, dass wir die Chance haben, das im eigenen Land weiter zu zelebrieren. Ich glaube, es gibt als Sportlerin nichts Größeres, als ein Turnier im eigenen Land spielen zu dürfen. Ich kann mich noch gut erinnern. Ich bin durch die WM 2006 zum Fußball gekommen, weil es mich so inspiriert hat. Ich hoffe einfach, dass wir ganz viele junge Mädchen und Jungs auch dazu bringen können. Für uns ist es einfach nur das Größte, was es gibt. Diese Ehre wird nicht jedem zuteil. Es ist pures Genießen und Aufsaugen.“

Ann-Katrin Berger (Nationaltorhüterin): „Als Fußballerin kann man an nichts anderes und Schöneres denken. Ich freue mich riesig, eine EM im eigenen Land zu haben. Alles ist möglich. Deswegen spielen wir Fußball. Wenn man so einen zwölften Mann im Rücken hat, kann man an alle Wunder glauben.“

Alexandra Popp (ehemalige DFB-Kapitänin): „Ich weiß, wie es ist, ein Heimturnier zu spielen. Ich war damals 2011 dabei. Es ist einfach eine ganz andere Nummer. Ich freue mich extrem für die jetzige Generation. Und natürlich ist es gleichzeitig in Deutschland und Europa ein nächster Step in der Entwicklung. Wir sind ja schon dabei, die Bundesliga peu à peu infrastrukturell und teilweise von den Gehältern zu professionalisieren. Deswegen brauchen wir genau so ein Turnier, um im Optimalfall allen klarzumachen, dass es im Frauenfußball auch wirklich möglich ist, etwas zu entwickeln, dass der Frauenfußball Menschen begeistert und motiviert.“

Reaktionen der Funktionäre zur EM 2029

Bernd Neuendorf (DFB-Präsident): „Wir sind stolz und glücklich, die UEFA Women’s EURO 2029 ausrichten zu dürfen. Die Ausrichtung eines derart wichtigen Turniers ist eine Ehre. Sie ist aber auch mit einer großen Verantwortung verbunden. Nach der wunderbaren UEFA Women’s EURO 2025 in der Schweiz wollen wir neue Maßstäbe setzen. Wir sind absolut überzeugt, dass das Turnier in Deutschland mehr als eine Millionen Fans anziehen und die UEFA erstmals mit einer Frauen-Europameisterschaft einen finanziellen Gewinn erzielen wird. Wir freuen uns darauf, im Sommer 2029 ein großes Fest des Frauenfußballs zu feiern.“

Heike Ullrich (DFB-Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball): „Wahnsinn! Ein Traum wird wahr. Ab heute und bis in den Sommer 2029 hinein werden wir mit aller Energie darauf hinarbeiten, eine EM auszurichten, auf die die UEFA und die gesamte europäische Fußballfamilie stolz sein können. Dabei geht es nicht nur um Management- und Organisationsfragen, sondern vor allem um die positiven Effekte des Turniers auf die Entwicklung des Frauenfußballs in Europa.“

Aleksander Ceferin (UEFA-Präsident): „Jede Bewerbung zeichnete sich durch Weitblick und außergewöhnliche Teamarbeit aus, und ich bedaure, dass wir uns für nur eine entscheiden mussten. Herzlichen Glückwunsch an Deutschland! Wir freuen uns auf ein unvergessliches Turnier im Sommer 2029.“

Peter Christiansen (Geschäftsführer VfL Wolfsburg): „Für uns hat der Zuschlag auch eine große sportliche Dimension. Unsere Spielerinnen haben den europäischen Frauenfußball in den vergangenen Jahren geprägt – und viele junge Talente orientieren sich am VfL. Nun wird ein EM-Turnier in unserem eigenen Stadion zu einem weiteren Motivationsschub für die gesamte Region. Für Nachwuchsspielerinnen, Fans und die Bundesliga ist das ein Moment, der zeigt: Frauenfußball in Deutschland gehört auf die große Bühne. Wir sind stolz, dafür erneut eine zentrale Bühne zu bieten.“

Viola Odebrecht (Leiterin Frauen- und Mädchenfußball RB Leipzig): „Die Vergabe der Women’s EURO 2029 ist ein großartiges Signal für den Frauenfußball in Deutschland und ein besonderer Moment für Leipzig. Ein EM-Turnier im eigenen Land kann unglaublich viel bewegen: mehr Sichtbarkeit, mehr Begeisterung, mehr Chancen für die nächste Generation. Wir wollen diesen Schwung nutzen und weiter konsequent an unserer Entwicklung arbeiten.“

(Mit Material vom SID)

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